Blogartikel

Andalusische Bohnen

Sonntag, 5. Aug 2018

Mein Lieblingsessen an heißen Sommertagen, würzig, leicht säuerlich und scharf. Füllt ausgeschwitzte Mineralstoffe wieder auf. Schmeckt auch ohne Brot sehr gut, darum esse ich es gerne abends.

Zutaten

für 2 Personen

400 g grüne Bohnen
Bohnenkraut, wenn möglich frisch
200 g Sellerie, gerne mit Kraut
1 rote Paprikaschote
5 Knoblauchzehen
10 schwarze Oliven
100 ml trockenen Rotwein
2 EL Olivenöl
Harissa, Salz

4 Eier
Baguette

Zubereiten

Bohnen putzen, halbieren, in Olivenöl anbraten. Bohnenkraut hinzugeben.

Knoblauchzehen schälen, halbieren, mitbraten.

Sellerie und Paprika in Stifte schneiden und mitbraten.

Vom Selleriekraut die zarten Blätter und Stängel zerkleinern. Oliven zerkleinern. Unter das Gemüse rühren.

Rotwein angießen, Gewürze dazugeben. Auf mittlerer Flamme gar schmoren lassen.

Anrichten

Eier hart kochen, Schale entfernen, halbieren.

Gemüse in einen tiefen Teller geben, Eier obenauf.

Baguette dazu reichen.

 

 

Happy Birthday, Brigitte

Freitag, 13. Apr 2018

Heute bin ich 65 Jahre alt. Meine Freundinnen, die diese Aufzeichnungen lesen, gratulieren mir mit der Frage, wann ich denn endlich damit rauskomme. Ich hatte angekündigt, mir zum Eintritt des Rentenalters ein echtes Blog zu schenken, mit Ping und Kommentarfunktion. Das wäre dann heute. Aber leider, es ist mir etwas dazwischen gekommen. Geduldet Euch, ihr werdet davon lesen, wenn ich es etwas verdaut habe.

Nach groß feiern ist mir nicht zumute. Mit meinem Liebsten gehe ich heute Abend in den Theatersalon, mich etwas verwöhnen lassen. Morgen ein Ausflug mit Kindern und Enkelkindern in das Miniaturwunderland. Danach dürfen die Kleinen bei Oma schlafen, die Großen haben einen Spieleabend. Am nächsten Morgen großes Sonntagsfrühstück. So liebe ich es.

Theatersalon "Die zweite Heimat": https://www.die2teheimat.de/

Miniaturwunderland: https://www.miniatur-wunderland.de/

 

 

Witze sind Waffen

Sonntag, 4. Mrz 2018

Ein Witz aus der frühen Phase der Personalcomputer: "Sind Computer nun männlich oder weiblich?" – "Natürlich weiblich, sie reden immer so viel unnützes Zeug." – "Natürlich männlich, massenhaft Daten und keine Ahnung."

Diesen Witz erzähle ich gerne im Kreis der Programmierer, wenn ich in einer neuen Umgebung ankomme. Aber aufpassen, das kann auch daneben gehen. Der beste Zeitpunkt ist, wenn mein Neuheitswert und mein Expertenstatus langsam abklingen. In dem Moment kann er dabei helfen, sich als Kumpel aufzubauen: Frau, aber witzig, ganz in Ordnung. Einmal habe ich den Witz zu früh erzählt, es kam als Affront an. In dem Laden habe ich kein Bein mehr an die Erde gekriegt. – Wenn ich jetzt darüber nachdenke, fällt mir auf: in der Abteilung waren nur Männer. Der Witz passt wohl am besten, wenn auch eine Frau dabei ist.

Witze sind Waffen, der Umgang damit will geübt sein. Ich werde mal eine kleine Witzesammlung anlegen .

Meine persönliche Witzesammlung

Was man unter Frauen so redet: "Frauen sind ja eher monogam als Männer, wie kommt das?" – "Es dauert immer so lange, einen anzulernen."

Lieblingswitz der Männer in meiner Familie, ältere Generation: "Hauptsache gesund, und die Frau hat Arbeit."

Lieblingswitz der Frauen in meiner Familie, ältere Generation: "Männer dürfen alles essen, aber nicht alles wissen."

Lieblingswitz der Männer in meiner Familie, jüngere Generation: Keiner bekannt.

Lieblingswitz der Frauen in meiner Familie, jüngere Generation: "Wofür braucht ein Mann eine Frau?" – "Einer muss ja schuld sein."

Witze aus Internet-Sammlungen

Meine Arbeitskollegin hat einen Welpen bekommen. Er ist echt süß und total verspielt. Leider reagiert ihr Ehemann allergisch auf Hunde. Deshalb kann sie ihn leider nicht behalten. Wenn jemand Interesse hat, dann bitte melden. Sein Name ist Marcel, er ist 52 Jahre alt und wiegt 95 Killo.

Was verstehen Männer unter Vorspiel? – 30 Minuten betteln.

Kindheit ist, wenn du nachts auf Toilette gehst. Dich auf dem Rückweg höllisch beeilst. Nach dem Lichtausmachen in dein Bettchen stürmst, dich unter der Bettdecke versteckst und froh bist, dass dich das Monster nicht erwischt hat. – Erwachsensein ist, wenn das Monster im Bett neben dir liegt.

Männer sind Hunden sehr ähnlich. Sie wissen zwar, dass sie ausgeschimpft werden, aber sie wissen nicht warum.

Frauen sind wie Engel. Sie vergeben dir, selbst wenn du unschuldig bist.

Warum gibt es so wenig Frauenfußball? – Frauen zu finden, die das Gleiche anziehen, ist schwierig.

Gestern hat mein Geschirrspüler ganz seltsame Töne und Geräusche von sich gegeben. Bin dann in einen Laden gegangen und habe Rosen gekauft. Jetzt ist alles wieder in Ordnung.

Es soll tatsächlich Frauen geben, die intelligenter sind als Männer. Na ja, davon wird die Küche auch nicht sauber.

"Papa, stimmt es, dass es Länder gibt, bei denen die Männer die Frauen erst nach der Hochzeit kennenlernen?" – "In allen Ländern mein Sohn, in allen Ländern!"

Frauen sind schon witzig. Die denken tatsächlich, dass Stille, bzw. nicht mehr miteinander sprechen, eine Strafe ist.

Meine Freundin wollte eine Beziehung wie in einem Märchen. Ich hab sie dann mit einem Stückchen Brot im Wald ausgesetzt.

Im Bier sind tatsächlich weibliche Hormone. Wenn ich davon zu viel trinke, labere ich nur noch Stuß und kann nicht mehr Autofahren.

Wie kann man eine sehr gute Fee erkennen? – Nach dem Verkehr verwandelt sie sich in zwei Kumpels und einen Kasten Bier.

Einen Streit mit seiner eigenen Frau zu haben, ist so ähnlich, wie AGBs durchlesen. Am Ende ignorierst du alles und wählst "zustimmen".

Warum wiegen verheiratete Frauen mehr als Singles? - Singles kommen nach Hause, sehen, was im Kühlschrank ist, und gehen ins Bett. Verheiratete Frauen kommen nach Hause, sehen, was im Bett ist, und gehen zum Kühlschrank.

Ein Mann kommt in eine Buchhandlung und fragt, wo er das Buch "Der Mann - das überlegene Geschlecht" kaufen kann. Die Verkäuferin: "Science Fiction Literatur befindet sich im Untergeschoss."

Mann zur Frau: "Wir sind jetzt seit 9 Jahren verheiratet, und immer musst du mich verbessern." Frau: "Seit 11 Jahren, Liebling, seit 11."

Mann zu einem guten Freund: "Du, ich glaube, meine Frau ist tot". Der Freund, entsetzt: "Wie kommst Du dennn darauf?" Der Mann: "Ich weiß auch nicht. Im Bett ist sie wie immer, aber die Küche sieht aus ... !!!"

Quellen

Männerwitze: http://www.aberwitzig.com/maennerwitze.php

Frauenwitze: http://www.aberwitzig.com/frauenwitze.php

Paarwitze: https://www.palverlag.de/paarwitze-ehewitze.html

 

 

Was verlieren Männer durch #MeToo?

Sonnabend, 24. Feb 2018

Diese Frage stellt Sebastian Schipper in seinem viel beachteten Interview bei Spiegel-Online am 14. Feb 2018. Es ist eine rhetorische Frage, antizipierte Antwort ist "Nichts - sie können nur gewinnen." Ich würde mich freuen, wenn es so wäre, wenn die Männer es so sehen würden. Aber mehrheitlich sehen sie es anders. Sie kämpfen. Denn sie verlieren (gefühlt) alles. Sie verlieren den Männer-Bonus, das gesellschaftliche Privileg des Mann-Seins, einen wesentlichen Teil ihrer Identität.

Privilegien

"Was wir Männer zu lernen haben, ist: Diese Welt ist in ganz großen Teilen auf uns ausgerichtet. Was für ein unglaubliches Privileg das bedeutet, dass wir per se keine Angst haben müssen, dass man uns vergewaltigt, dass man uns lächerlich macht. Dass wir nicht ständig überlegen müssen, ob wir uns in bestimmten Situationen in Gefahr bringen! Das ist vielen von uns - inklusive mir - noch nicht in vollem Umfang bewusst."

So formuliert es Sebastian Schipper, Jahrgang 1968, Schauspieler und Regisseur. Ein gebildeter, erfolgreicher Mann in seinen besten Jahren. Ich kenne Männer, die ihm widersprechen würden, denn es gibt Milieus, in denen auch Männer Gewalttaten auf sich ziehen, wenn sie als "Fidschi" oder "Pussi" Anstoß erregen. Fast alle Ungerechtigkeit und Gewalt in unserer Gesellschaft betrifft auch Männer. Aber einen Bonus hatten die Männer bisher unangefochten: am Ende können sie immer noch den Druck nach unten weitergeben, an eine Frau.

Patriarchat

Bei #MeToo geht es nicht um das kriminelle Verhalten einzelner Arschlöscher, die Frauen nötigen, vergewaltigen, traumatisieren. Es sind keine Ausnahmen, die in #MeToo angeprangert werden, sondern die Spitze eines Eisbergs. Es geht um den strukturellen Sexismus, die Überreste von 10.000 Jahren Patriarchat.

150 Jahre Frauenbewegung haben viel erreicht, das Wahlrecht der Frauen, ihre wirtschaftliche Selbständigkeit als Berufstätige. Heute sind ein Sechstel aller Abteilungsleiter Frauen, wir haben seit 12 Jahren eine Bundeskanzlerin. Aber der Männerbonus steckt immer noch in uns drin, den haben wir in den Knochen, mit der Muttermilch eingesogen, Männer wie Frauen. Er äußert sich in dem immer noch bestehenden Gender-Gap: den ungleichen Gehältern, den Widerständen gegen die Gleichstellung in Spitzenpositionen. Und er äußert sich in dem Schweigen über die alltägliche sexualisierte Gewalt gegen Frauen. Dieses Schweigen wird in #MeToo gebrochen, darum der Aufschrei der Männer gegen #MeToo.

Hackordnung

In der Hackordnung der Männergesellschaft sind die Frauen nicht eingereiht. Sie stehen außen vor, oder unten drunter. Ich als Beraterin zu einem IT-Spezialthema (Barrierefreie Software) arbeite oft als einzige Frau unter Männern. Ich stehe ganz klar außer Konkurrenz, je nach Lage bin ich Guru oder Außenseiter. Aber auch mir kann es passieren, wenn ein Engagement länger dauert, dass mir ein Kompliment gemacht wird: "Sie sehen heute wieder gut aus", mit dem Subtext: "Aber sonst muss man Dich nicht ernst nehmen, Baby." Der Konkurrenzkampf der Männer gegen Frauen im Beruf trägt ganz klar sexualisierte Züge. Der Chef macht ihr Avancen mit dem Tenor: "Du bist Frau, komm in meinen Harem." Der Kollege: "Du bist Frau, Du gehörst hier nicht hin. Geh mit mir ins Bett, oder geh mir aus dem Weg." Daher muss man sich nicht wundern, wenn Frauen nicht amüsiert sind über unpassende Komplimente.

Männer, die unter Druck geraten, spielen den Männer-Bonus besonders unappetitlich aus. Ich denke an einen amerikanischen Spielfilm, in dem die Football-Mannschaft einer Universität unter Erfolgsdruck gerät, und die Spieler beginnen, die Cheerleader zu vergewaltigen. Am unteren Ende der Skala, wenn sonst nichts mehr geht, genügt das Argument des Frau-Seins für einen Angriff. "Du Votze" schleudert ein verhaltensgestörter Schüler seiner Lehrerin entgegen, und pisst ihr auf den Teppich (selbst erlebt). Ein alter Herr in meiner Verwandtschaft, pensionierter Volksschullehrer, aber ein Weichei, selbst Gewaltopfer, liebt es, zu vorgerückter Stunde frauenfeindliche Zoten zu erzählen und sich diebisch über den Widerwillen der weiblichen Anwesenden zu freuen. Sie können sich nicht wehren.

Tabu

Gegen sexuelle Übergriffe kann man sich als Frau nicht wehren, höchstens im Kabarett. Barbara Schöneberger, auf der Bühne, nimmt ein unpassendes Kompliment anzüglich lächelnd an: "Können wir darauf heute abend nochmal zurückkommen?" und hat die Lacher auf ihrer Seite. In der Realität ist die Frau zumeist sprachlos.

Es gibt ein Tabu das besagt: Stell Dich nicht so an, bausch das nicht auf, sprich nicht drüber. Wenn du sprichst, wird es erst richtig peinlich. Ein sexueller Angriff beschämt immer noch nur die Frau, sie trägt einen Makel davon, sie ist degradiert. Dieses Relikt aus archaischen Zeiten tragen wir immer noch mit uns rum.

Eine Ausnahme: bei Gefahr gegen Leib und Leben schlägt das Pendel um, die Frau gewinnt Opferstatus, ihr steht Notwehr zu, sie kann gerichtlich gegen ihren Peiniger vorgehen. Auch Vergewaltigung in der Ehe ist strafbar, seit 1997, soviel Emanzipation haben wir erreicht. Aber im Vorfeld manifester Gewalt gibt es eine riesige Grauzone, in der andere Regeln gelten.

Noch immer gilt: Eine Frau, die sich wehrt, ist eine Zicke. Wenn sie spricht, je deutlicher sie spricht, ist sie eine Schlampe, die den Mann vermutlich provoziert hat. Spricht sie zaghaft, so heißt es "Du hast Dich bestimmt geirrt". Als ich Kind war, 5 Jahre alt, gab es einen übergriffigen Onkel in der Familie, der sich meiner Cousine Sigrid, 7 Jahre alt, genähert hatte. Daraufhin erschien sie nicht bei Tisch. "Ach, Onkel Willi macht immer sowas", sagte ich vor versammelter Mannschaft auf die Frage der Oma, was Sigrid denn hätte. Entsetztes Schweigen, dann ein Anpfiff: "Bist du noch zu retten" - in meine Richtung, nicht in die des Onkels! Eindrücklicher hätte ich es nicht lernen können: Darüber spricht man nicht.

Sexuelle Übergriffe von Männern gegen Frauen sind an sich verpönt. Man tut es nicht. Aber wenn einer es tut, spricht niemand darüber. Wer betroffen ist, bekommt keine Hilfe. Vom Regisseur Dieter Wedel wird berichtet, dass er Schauspielerinnen, wenn sie sich seinen sexuellen Avancen widersetzt hatten, am Set fortgesetzt schikanierte. Eine der Betroffenen wandte sich an die Produktionsleitung, doch erhielt sie zur Antwort, man könne nichts machen. "Herr Dr. Wedel sagt, das sei Absicht, denn Sie spielen dann immer besser, und Sie würden sich schon nichts antun, denn Sie haben ja Kinder."

Es herrscht ein Privileg der Straflosigkeit, das durch ein Tabu geschützt wird. Sebastian Schipper auf die Frage, wie am Set über das Verhalten von Dieter Wedel gesprochen wurde: "Gar nicht. Da herrschte ein Verhalten, das ich mit der Omertà, der Schweigepflicht in der Mafia, vergleichen würde. Es ist wie im Radsport, wo jeder weiß, dass gedopt wird, aber niemand drüber redet."

Hexenjagd

Sebastian Schipper mit seinem Verständnis für #MeToo ist eine Ausnahme unter den Männern, die meisten finden #MeToo zum Kotzen. In meinem Umfeld fühlen sich im Moment sogar die größten Softies unverstanden, identifizieren sich mit den Angeprangerten, deren Vergehen ja längst verjährt sind, und beschuldigen die Sprecherinnen eines zerstörerischen Männerhasses. Der Ausdruck "Hexenjagd" geht um, mit dem Unterton "Hexen jagen unschuldige Männer".

Wenn ein Mann es zugibt, dass die Männer in unserer Gesellschaft immer noch Privilegien genießen, dann kontert er im nächsten Schritt: Ja und, hast Du kein dringenderes Thema? Mit der Gleichstellung der Frau waren wir doch schon so ziemlich durch, es sind die vielen Ausländer, die das Rad zurückdrehen. Du als Frau kannst doch abends nicht mehr alleine durch den Park gehen, darüber solltest Du schreiben. Und die soziale Ungleichheit wird immer schlimmer, ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt die Hälfte aller Vermögen. Der Gender-Gap ist dagegen doch Pipifax!

Tut mir leid, Jungs, ich erlaube mir, genau hierüber nachzudenken. Mein Thema heute: Sexismus.

Prüderie

Die Geschichten, die Frauen unter dem Hashtag #MeToo erzählen, klingen oft nach missglücktem Annäherungsversuch. "Was ist ihr Vergehen? Männer machen zu viele Komplimente!" bringt ein männlicher Twitterer es zynisch auf den Punkt. Man könnte an den Spruch denken: "Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen". Doch bei #MeToo geht es nicht um ungeschicktes Liebesspiel. Es geht um sexualisierte Gewalt, um Machtmissbrauch, um Anmache im Beruf.

Darum finde ich den Vorwurf leicht daneben, die #MeToo-Bewegung sei ein Ausdruck der neuen Prüderie, gefährde den Flirt und stelle die ganze männliche Sexualität unter Generalverdacht. Im Liebesspiel mag es wohl so sein, dass Männer oft nicht unterscheiden können, ob ihre Annäherung erwünscht ist oder nicht, ob die verspürte Anziehung auf Gegenseitigkeit beruht. Der Tantralehrer Saleem Matthias Riek schildert das kommunikative Dilemma der Männer sehr einfühlsam. Doch dieses Problem ist leicht aus der Welt zu schaffen: Geht sie nicht darauf ein, zieht er sich höflich zurück, und alles ist gut.

So ungefähr kommentiert es auch eine Frau im Blog des Tantralehrers. Daraufhin spricht der Guru vom Weltkapitalismus, was ist dagegen die Ungleichheit der Geschlechter! - Also nicht darüber reden? Im Tantra? - Mir ging es über die Hutschnur. Es war der Tag im Zug, als ich mich von der starken Frau nebenan inspirieren ließ (Mama, Mama). Ich schrieb ihm, etwas zugespitzt: "Matthias, ich sehe da keine zwei Konflikte, die gegeneinander ausgespielt werden können. Sondern ein Kontinuum der Herrschaft. Wirtschaftliche Macht, ungleiche Verteilung des Reichtums – jeder kleine Abteilungsleiter hat Anteil daran, solange er unangefochten junge Frauen in seinem Einflussbereich drangsalieren kann." Er hat meinen Kommentar nicht veröffentlicht.

Okay, ich gebe zu, das Thema Flirt-Dilemma habe ich in meinem Kommentar knapp verfehlt. Aber nur knapp. Muss es nicht die Wahrnehmung eines Jeden verfälschen, wenn er sich sowieso überlegen fühlt? Er schaut nicht mehr hin, sieht den anderen nur noch schemenhaft. Die Selbstgefälligkeit der Macho-Männer beim Flirten ist längst eine Lachnummer im Frauenkabarett. So kriegt man eine Frau nicht rum!

Aber, wie gesagt, das ist gar nicht mein Punkt. #MeToo ist nicht gegen Sex, sondern gegen sexualisierte Gewalt, speziell im Beruf. Wir sind nicht prüde, wir wollen Respekt. Eine sexuelle Annäherung im beruflichen Kontext ist respektlos. Lasst es einfach bleiben, Männer!

Schwestern

Frauen, die sexuell angegriffen werden, können sich nicht wehren, denn sie fürchten die Peinlichkeit. In alten Zeiten kam ihnen ein Mann zu Hilfe, um ihre Ehre zu verteidigen, ein Vater oder ein Bruder. So jemanden gibt es heute auf Arbeit nicht.

Wer bietet angegriffenen Frauen Schutz? Von den Männern ist nichts zu erwarten, das zeigt ihre Reaktion auf #MeToo. Kein Mann, auch der sanfteste nicht, gibt den Bonus des Mann-Seins freiwillig auf. Kein Mann wird einen übergriffigen anderen Mann zur Rede stellen. Wir Frauen müssen es selber tun, wir müssen uns selber helfen, uns gegenseitig schützen.

Interessanterweise ist es gar nicht so schwer, das Ruder rumzureißen. Die Autorin Emilia Smechowski hat es ausprobiert und im Magazin der Süddeutschen Zeitung vom 26. Januar 2018 darüber berichtet. Drei Monate lang hat sie jeden sexuellen Übergriff, der ihr begegnete, jede kleine Respektlosigkeit sofort thematisiert. Sie hat die beteiligten Männer direkt darauf angesprochen. Und, was soll man sagen? Nur einmal stieß sie auf Widerstand. In den allermeisten Fällen waren die Männer einsichtig und entschuldigten sich für ihre Gedankenlosigkeit.

Verblüffend. Der Männerbonus ist anscheinend nur noch in unseren Köpfen. Es ist so einfach, sich zu wehren !!

Ein kleiner Wermutstropfen wird im Experiment von Emilia Smechowski sichtbar: allein durch das Ansprechen des sexuellen Übergriffs kehrten sich die Machtverhältnisse augenblicklich um. Die Männer duckten sich, erhoben die Frau zur Anklägerin, zur Richterin. Vielleicht war das nur der Überraschungseffekt. Auf jeden Fall möchte ich betonen, damit keine Missverständnisse entstehen, dass dies nicht das Ziel ist. Es geht nicht darum, dass Frauen herrschen, sondern dass Männer und Frauen einander auf Augenhöhe begegnen können.

Frauen, traut Euch, etwas zu sagen! Es muss ja nicht viel sein. Lasst einfach nur keine Respektlosigkeiten mehr unkommentiert durchgehen. Wenn ihr seht, dass eine Frau zu schüchtern ist, helft ihr, steht ihr zur Seite.

Hexen

Revolutionäre Dinge sind durch die #MeToo-Bewegung geschehen, allein dadurch, dass Frauen millionenfach ihr Schweigen brechen, es öffentlich zugeben: auch ich wurde von meinem Chef, meinem Kollegen sexuell angegriffen. Die Männer sind entsetzt angesichts der Indiskretion der Frauen. Ein Tabu, das man verletzt, verliert seine Kraft.

In der Filmindustrie laufen jetzt Spendenaktionen unter den Hashtags #TimesUp und #MaintenantOnAgit, es werden Beschwerdestellen und Unterstützungsfonds für Missbrauchsopfer eingerichtet, man diskutiert Quotenregelungen für die Gleichstellung der Frauen bei den Regisseuren. Ja, sogar die Hauptrollen im Film, die Dominanz von Männerrollen in den Drehbüchern geraten unter Beschuss. Die ganze Berlinale 2018 redet von nichts als von #MeToo. Sieht so aus als wäre es nicht nur ein Hype, der bald vorbei ist, als hätte eine neue Ära angefangen.

Ob das schon ausreicht, dass der Funke überspringt? Was passieren muss ist, dass jede Frau sich nichts mehr gefallen lässt. Ich meine nicht Straftaten, sondern die Grauzone im Vorfeld. Es muss ein Ruck durch die Frauen gehen. Befreit Euch von dem Sexismus in Euren Knochen! Lasst Euch nicht mehr schockieren durch eine kleine sexuelle Anzüglichkeit, pariert sie! Schüttelt die Angst vor Peinlichkeit ab. Habt Mut, anzuecken. Seid Hexen. Findet Euren Humor wieder. Seid schlagfertig, seid witzig, seid schrill. Der Männerbonus ist ein Popanz, ihr habt es gesehen. Lachst du darüber, schon fällt er in sich zusammen.

Liebesspiele

Männer dürfen sich Freiheiten herausnehmen, das war immer so. Wenn es jetzt damit vorbei ist, geht es ihnen an die Nieren. Es ist mehr als ein Kommunikationsproblem, es betrifft das männliche Selbstverständnis. Sie drohen: Dann eben nicht, gar kein Sex mehr. Immer mehr junge Männer leben asexuell. Mir scheint, dass Männer diesen kleinen Vorrang brauchen, um überhaupt als Mann zu funktionieren, um sich einer Frau nähern zu können, sie zu umwerben. Sie brauchen den Männerbonus zum Flirten wie ein Handicap im Golf. Aber leider, die Frauen sind schon einen Schritt weiter. Time's Up! Es gibt keinen Weg zurück. Auch unsere Liebesspiele werden sich verändern. Aber das ist Stoff für eine andere Geschichte.

Referenzen

 

 

Mama :-) Mama :-(

Feitag, 16. Feb 2018

Neulich im ICE auf der langen Fahrt von Hamburg nach München. In der Tischgruppe neben mir sitzt eine Familie mit einem geistig behinderten erwachsenen Sohn, das Alter irgendwo zwischen 20 und 35, man kann es kaum genauer schätzen. Er zieht meine Aufmerksamkeit auf sich durch ein monotones "Mama", das er in regelmäßigen Abständen von sich gibt. Es ist irritierend, auch vorbeigehende Passagiere drehen sich nach ihm um. Schon bald gebe ich es auf, die Störung ausblenden zu wollen, und beginne die Situation zu analysieren, etwas beschämt über meine voyeuristische Rolle, wohlverborgen hinter eifriger PC-Arbeit. Mein Kopf taugt heute nicht zur Arbeit, ich lese Blogs, werde immer neugieriger auf die ungewöhnliche Familienkonstellation, die sich mir nebenan entfaltet.

Der junge Mann legt ein Puzzle, er arbeitet konzentriert. Einmal gegen Ende helfen ihm die Eltern, die verschiedenen zusammengelegten Teile an den richtigen Platz zu schieben. Die meiste Zeit arbeitet er allein. Und sagt immer dieses "Mama", in regelmäßigen Abständen, beinahe rhythmisch. Je länger ich zuhöre, desto mehr Modulation höre ich heraus, es ist nicht alles monoton, manchmal klingt es nörglerisch, manchmal sehnsüchtig. Mama, mein ein und alles, die ich brauche, an der ich mich festhalte. Ist das nicht peinlich für einen jungen Mann? Und für die Mutter?

Die Mutter sitzt mir schräg gegenüber, immer wenn ich aufblicke habe ich sie im Blickfeld. Zuerst wundere ich mich, dass sie gar nicht reagiert, sie liest ein Buch. Dann wird mir klar, dass dieses "Mama" ein Automatismus ist, den sie ausblendet. Später gibt es eine Phase, wo sie ihm antwortet, seinen Namen sagt, spielerisch im Duett mit ihm: "Mama" - "Ricki" - "Mama" - "Ricki" (Name verändert). Dann wendet sie sich wieder anderen Dingen zu, unterhält sich mit ihrem Mann, immer mit diesem "Mama" im Hintergrund. Wie kann sie ihre Ruhe bewahren? Ich würde ausflippen.

Nach einer Weile ist das Puzzle abgeräumt, das "Mama" hat aufgehört, sie spielen ein Spiel zu dritt - den Wechsel habe ich nicht mitbekommen, ich bin eingeschlafen. Das Spiel ist etwas mit Wörter legen, ähnlich wie Scrabble, aber in der Fläche. Ich wundere mich, dass der Junge mitmachen kann, und offenbar gar nicht so schlecht. Die Eltern diskutieren die Spielregeln. Die Mutter spricht energisch, teils mit scharfer Stimme. Der Mann hört eine Weile zu und sagt dann sanft: "Du hast recht". Dann überlegt er weiter, denkt laut, mit zögernder, sachlich ruhiger Stimme. Auch ihre Stimme beruhigt sich. Das Spiel geht weiter, sie haben sich wohl geeinigt.

Die Beziehung der Eltern macht mich neugierig. Er wirkt jünger als sie, eher wie ein Geliebter als wie ein Ehemann. Später ruft die Tochter an, die mit ihrem Partner im Urlaub ist, mir wird klar, dass er wirklich der Vater ist. Das Paar kommt mir vor wie mit vertauschten Geschlechtsrollen. Er ist gutmütig und diplomatisch. Sie wirkt dagegen tough, analytisch, kompromisslos. Wie eine Alleinerziehende oder eine Lehrerin, die ihre schwere Aufgabe mit Bravour meistert, dabei aber hart wird. Dennoch sind die beiden offenbar auf Augenhöhe, sie schüchtert ihn nicht ein, er kann sie besänftigen. Beneidenswert.

In meinem Kopf fügen sich die Puzzleteile zusammen. Die Kraft, ein behindertes Kind großzuziehen, hat sie nicht zuletzt von ihrem Mann. Er macht mit ihr gemeinsame Sache. Er hält ihr stand. Die Hauptlast der täglichen Pflege hat sicher sie getragen, ihre Härte zeugt noch davon. Aber sie war nicht allein. Ich sehe ein liebendes Paar vor mir, eine heile Familie.

Sie kann den Jungen lassen wie er ist. Geniert sich nicht für ihn. Sein "Mama" ist die einzige Auffälligkeit, ansonsten ist er manierlich, wohl erzogen. Seine Behinderung erkennt man erst bei genauerem Hinsehen. Vielleicht ist sein "Mama" eine Klage, ein Protest, dass er sich alleine beschäftigen muss? Ein Kompromiss zwischen Mutter und Sohn: Sie darf lesen, er hält es aus, solange er zeigen darf, wie schwer es ihm fällt.

Dieser Sohn hat sich nicht von der Mutter gelöst, das macht für mich die Peinlichkeit aus. Aber kann man es wissen? Mein Eindruck kann eine Momentaufnahme sein. Vielleicht ist er im Alltag unabhängiger. Vielleicht hat er seine Kumpels, mit denen er sich zum Bier trifft und über Mütter lästert und den Mädels hinterherpfeift. Vielleicht hat er sogar eine Freundin, weiß ich's? Wie sieht Erwachsensein bei einem geistig Behinderten aus?

Am Ende fällt die Peinlichkeit auf mich zurück. Alles Projektion !! Dieses anklagende "Mama" beschwört das Bild der übermächtigen Mutter herauf, die niemanden hochkommen lässt, jede selbständige Regung im Keim erstickt. In den 70ern war es geradezu ein Kampftopos, einige meiner Männer haben es mir vorgehalten: Sei doch nicht so dominant! Oder sogar: Du kastrierst mich!! Ich habe mich ernstlich damit auseinandergesetzt, konnte keinen bösen Vorsatz in mir entdecken, ich war nicht herrisch, nicht bossy, es war einfach nur meine Energie und Präsenz, mit der ich aneckte. Ich war zu viel, immer schon gewesen, seit meiner Kindheit. Immer schon habe ich ein schlechtes Gewissen deswegen, bemühe mich, mich zurückzunehmen, aber andere sehen es doch. Ein Makel, ein Kainsmal.

Nun finde ich hier eine starke Frau, die ihre Stärke lebt. Und sogar gut aussieht damit. Sie hat großes Glück gehabt, ein behindertes Kind, das sie herausfordert, einen liebenden Mann, der offenbar auch stark ist, auf seine Art. Sowas gibt's. Das macht Mut.

Der Slogan von Fisherman's Friends geht mir durch den Kopf: "Sind sie zu stark bist du zu schwach". Aber das ist vielleicht Stoff für eine neue Geschichte.

 

 

Pastinakengemüse auf Senf-Sahne-Soße

Sonntag, 28. Jan 2018

Ein köstliches Winteressen, wärmend, nachhaltig sättigend, nährstoffreich. Das Rezept habe ich in der Betriebskantine einer "Gesundheitskasse" entdeckt und leicht abgewandelt.

Zutaten

für 2 Personen

400 g Pastinaken
300 g Brokkoli
5 Knoblauchzehen
1/2 Zitrone ( Bio)
2 EL Rapsöl

30 g Buchweizenschrot
200 ml Schlagsahne
2 EL mittelscharfer Senf

1 Handvoll Walnüsse oder Haselnüsse
1 Topf Gartenkresse

Pfeffer, Salz, Thymian, Curry

Gemüse

Pastinaken schälen, in grobe Stifte schneiden, in Rapsöl anbraten.

Brokkoli putzen, den Stiel in grobe Stifte schneiden und mitbraten. Die Röschen später dazugeben.

Knoblauchzehen schälen, halbieren, mitbraten.

Wenn alles leicht gebräunt ist, würzen mit Pfeffer, Salz, Zitronensaft, feingehackter Zitronenschale, Thymian.

Mit wenig heißem Wasser angießen, zum Kochen bringen, die Brokkoliröschen auf das Gemüse legen, im Dampf gar ziehen lassen.

Wenn das Gemüse weich ist, den Sud in die Soße abgießen, warm stellen.

Soße

Sahne in einen extra Topf geben, mit Gemüsesud und Wasser auf die doppelte Menge auffüllen, zum Kochen bringen.

Buchweizenschrot einstreuen, ausquellen lassen, öfter umrühren.

Topf vom Herd nehmen, Senf unterrühren, mit Curry, Salz und Zitronensaft abschmecken.

Anrichten

Nüsse rösten.

Soße in einen tiefen Teller geben, Gemüse obenauf, Nüsse on top, mit Kresse garnieren.

Enjoy!

 

 

Bäcker*innenauszubildende*r

Sonntag, 5. Mrz 2017

Ein Zeitungsartikel über das sprachliche Gendern reisst mich aus meiner sonntäglichen Lethargie, darüber muss ich schreiben! Wäsche waschen kann warten.

Schon lange quäle ich mich mit dem Gendern herum. Man muss jederzeit sprachlich demonstrieren, dass beide Geschlechter gemeint sind, Frauen genauso wie Männer, oder eben eine neutrale Ausdrucksweise finden. Bei Gruppen sagen wir politisch korrekt "Bäckerinnen und Bäcker" – abgekürzt "BäckerInnen", neuerdings "Bäcker*innen". Damit keiner, wenn ich sage "die Bäcker in Deutschland", vermutet, es gäbe keine Bäckerinnen, oder die Frauen im Bäckerberuf seien nicht gemeint. Neulich sprach ich mit einer aktiven Feministin, die nach 40 Jahren das sprachliche Gendern immer noch hoch hält und möchte, dass es uns allen in Fleisch und Blut übergeht. Mir graust es.

Denn es macht wirklich viel Mühe, bei allen Vorgängen, auch solchen völlig ungeschlechtlicher Art, immer an das Geschlecht der Beteiligten zu denken. Zum Beispiel bin ich in einem Verein, der die berufliche Fortbildung seiner Mitglieder zur Aufgabe hat, wir organisieren ein Veranstaltungsprogramm mit monatlichen Fachvorträgen. Der Vorstand beseht aus drei Frauen und einem Mann, ich bin eine davon. Wie begrüße ich meine Vorstandskollegen in einer E-Mail? Wir sind recht förmlich miteinander, sowas wie "Hallo allerseits" passt nicht. Mir würde es entsprechen, "Liebe Kollegen" zu sagen, das wäre einfach, herzlich und grammatisch korrekt. Aber ich fürchte, dass meine Kolleginnen daran Anstoß nehmen könnten. "Liebe Kolleginnen und Kollegen" – das ist sachlich nicht korrekt, denn bei uns kommt der Mann nicht im Plural vor. "Liebe Kolleginnen, lieber Kollege" – korrekt, aber muss man denn so betonen, dass der Mann nur einer ist? Er hat sowieso schon einen schweren Stand gegen die weibliche Übermacht. So eiere ich herum und habe noch keine Lösung gefunden.

Der Stein des Anstoßes ist ja, dass der Plural "die Kollegen" eine maskuline Wortbildung ist. Mein Sprachgefühl sagte mir immer, dass damit alle gemeint sind, Männer wie Frauen. Als es losging mit dem Gendern, erlaubte ich mir den Witz "Wieso denn, ist doch völlig einleuchtend, dass das grammatische Maskulinum ein Neutrum ist." Den hat leider kaum einer verstanden. Ich meinte es etwas anzüglich, das hat schon gar keiner verstanden. Heute, nach 40 Jahren, lese ich in der Zeitung, dass ich linguistisch gesehen gar nicht so falsch lag. Es heißt nicht Neutrum, es heißt "unmarkiert". Das Maskulinum ist das Allgemeine, Unmarkierte, der Hintergrund. Der Bäcker ist eine Person, die backt, nicht eine männliche Person. Die Bäckerin ist eine Frau, die backt, hervorgehoben aus dem allgemeinen Hintergrund aller Bäcker. So ist es jedenfalls im Deutschen beim Nomen Agentis, der von einer Tätigkeit abgeleiteten Bezeichnung für eine Person, es ist vom grammatischen Genus her maskulin. Ebenso Schneider, Student, Ingenieur. Die Abstrakta sind dagegen überwiegend feminin: Erregung, Klugheit, Seilschaft. Auch "die Person" ist feminin, "der Mensch" hingegen maskulin – beides umfasst unbezweifelbar Männer und Frauen, oder?

Unangenehm finde ich auch die Mode mit den substantivierten Partizipien – man sagt nicht "Studenten", sondern "Studierende", nicht "Flüchtlinge" sondern "Geflüchtete". Da werden ohne Not gute alte Wörter diskreditiert, weil das Neue angeblich neutraler ist. Die Einzelperson heißt dann "der Studierende" und "die Geflüchtete", was mir ziemlich verquast in den Ohren klingt. Interessanterweise ist das Gendern nur für die Guten üblich, man sagt "Bürger*innen", aber "Straftäter", nicht "Straftäter*innen". In einem Berliner Bezirksparlament soll die SPD-Fraktion vorgeschlagen haben, Vorlagen für die Tagesordnung nur noch dann zu aktzeptieren, wenn sie in gegenderter Sprache abgefasst sind. Das hat schon einen Geschmack von Neusprech wie in 1984.

Meine neue Weisheit beziehe ich von dem Linguisten Peter Eisenberg, der auch am Duden mitgearbeitet hat. In der Süddeutschen Zeitung vom Freitag, 3. März 2017 ist sein Artikel Das missbrauchte Geschlecht abgedruckt, auf Seite 14 in der Rubrik Literatur. Ich würde auch gerne in der Kolumne auf Seite 1 davon lesen. Denn ich wünsche mir eine Umkehr im öffentlichen Denken über das Gendern. Ich bin es müde, gegen die deutsche Sprache anzukämpfen. Oder gegen die Vergewaltiger der deutschen Sprache. Ich finde, die Frauen sind sichtbar genug, man muss nicht gleich die ganze Grammatik umkrempeln, um ihnen Geltung zu verschaffen. Und wo es was zu kämpfen gibt, verwende ich gerne direktere Methoden.

In diesem Blog jedenfalls will ich ungegendert sprechen. Ich sage "Freunde, Kollegen, Kritiker", wenn ich alle meine, aber "Freundinnen", wenn ich die Frauen meine.

 

 

Venus von Willendorf

Sonntag, 2. Okt 2016

Venus of Willendorf © John Raptor

Die Venus ist mein Maskottchen, der Genius hinter meinem erträumten Frauen-Blog, das hoffentlich bald etwas mehr Fleisch ansetzen wird. Ich will all den tollen Frauen auf der Welt ein Denkmal setzen. Und schreiben, worüber Frauen so schreiben: Kinder, Küche, Kirche, Hüftgold. Die Idee ist schon eine Weile in meinem Hinterkopf, fehlt noch die Zeit, sie umzusetzen. Aber Geduld, die Rente kommt sicher.

Heute am Sonntag, den 2. Oktober 2016, mitten in einer anstrengenden Projektarbeit, sozusagen als kleine Flucht aus dem Hamsterrad, ist mir der erste öffentliche Schritt gelungen. Zufällig habe ich die Quelle für das Bild wiedergefunden, das schon so lange in den Tiefen meines Rechners schlummert, und gleich den Künstler John Raptor um Erlaubnis gebeten, die Venus auf meinem Blog nutzen zu dürfen. Diese hat er mir freundlicherweise erteilt, und ich, beflügelt, habe sofort Nägel mit Köpfen gemacht und diese kleine Seite aufgesetzt, die nun endlich die schon lange reservierte Domain goe.ttinnen.de belebt. Prost !!!

Gerne nenne ich hiermit den Urheber des Bildes, das mich noch lange begleiten soll:
Venus of Willendorf by John Raptor, on Deviant Art.